Einwanderer arbeiten oft unterhalb ihrer Qualifikation

300  000 bis 500 000 Einwanderer arbeiten in Deutschland weit unterhalb ihrer Qualifikation. Gefragte Fachkräfte wie Ärzte oder Ingenieure schlagen sich nicht selten mit Aushilfsjobs durch. „Das ist neben dem humanitären Aspekt ein Verlust für die deutsche Wirtschaft und den Staat“, sagt Anja Weiß, Migrationsforscherin an der Uni Duisburg-Essen. Zwar schafft das Anerkennungsgesetz des Bundes seit 2012 erstmals einen Rechtsanspruch auf Überprüfung der Berufsabschlüsse im Ausland. Dennoch landen auch mit einer Anerkennung ihrer Qualifikation viele Migranten in der beruflichen Sackgasse. 

Ein Grund sei, dass die Einwanderungsregelungen zu komplex sind und in der Praxis scheitern, fanden Weiß und weitere Forscher in einer Untersuchung heraus. Für ihre Veröffentlichung „Work in Transition“ untersuchten sie anhand von 200 Lebensläufen den Zugang von hochqualifizierten Nicht-EU-Ausländern in den Arbeitsmarkt. So wurde einer Ärztin aus dem Irak von der Gesundheitsbehörde ebenso bündig wie fälschlich beschieden, sie könne hier „eher als Putzfrau arbeiten“, Medizin-Studium hin oder her. 

Zwar verspricht ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild eine leichtere Einreise nach Deutschland. Doch ob dies zugleich den Zugang zum Arbeitsmarkt verbessert, beurteilt Anja Weiß skeptisch: „So wird eine Willkommenskultur sicher gefördert“, sagt sie. Doch einige der Zuwanderer „werden vor Ort feststellen, dass sie trotzdem Probleme mit der Anerkennung ihres Bildungstitels haben“. Ähnlich sieht es der Hamburger Erziehungswissenschaftler Arnd-Michael Nohl, einer der Co-Autoren der Studie: „Das kanadische Beispiel zeigt, dass viele Migranten trotz hoher Punktzahl Schwierigkeiten haben, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden. Denn ob die Arbeitgeber die Qualifikation anerkennen, ist eine ganz andere Frage. Oft müssen sich die gut ausgebildeten Einwanderer zunächst wieder hocharbeiten.“ Zwar könne ein Punktesystem „die Attraktivität Deutschlands als Einwanderungsland zunächst steigern. Doch ich bin skeptisch, ob dies alleine langfristig dazu führt, dass sie in Deutschland hochqualifizierte Stellen finden“, sagt Nohl. 

Das Wissen von gut ausgebildeten Migranten liegt demnach häufig brach. „Ein Schatz, der verheißungsvoll funkelt, aber noch nicht gehoben wurde“, formuliert es Anja Weiß. Viele Zuwanderer, die im Ausland ein Studium absolvierten, haben nicht nur Probleme mit der Anerkennung ihrer Ausbildung. Oft sind ihre Qualifikationen nicht passgenau für den deutschen Ar-beitsmarkt, oder sie fallen durch das Raster der komplizierten ausländerrechtlichen Regelungen. 

Die Fälle der Ärztin und anderer Betroffener wecken bei den Forschern zudem den Eindruck, dass nicht immer sachliche Gründe dafür ausschlaggebend sind, ob eine absolvierte Ausbildung am Arbeitsmarkt verwertet werden kann. Weiß: „Oft spielt auch Diskriminierung eine Rolle.“ Sie berichtet von einer Wissenschaftlerin aus Simbabwe, die in Deutschland ihre Doktorarbeit abschloss. 

Doch kaum war diese abgeliefert, verweigerte die Behörde ihr die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. „Sie sollte so schnell wie möglich ausreisen.“ Dass ihr das Ausländergesetz 18 Monate Zeit gibt, eine angemessene Stelle zu suchen, wurde ihr vorenthalten. Ausnahmeregeln für Hochqualifizierte würden in manchen Ämtern oft nicht umgesetzt – oder schlicht ignoriert. 

Obwohl Fachkräfte gesucht werden, müssten viele hochqualifizierte Zuwanderer daher Jobs unter ihren Fähigkeiten annehmen oder gleich ausreisen. Anja Weiß kann dafür zahlreiche Beispiele nennen. „Das ist eine Politik, die nicht sieht, wie sehr gut ausgebildete Arbeitskräfte verloren gehen“, sagt sie. 

Dahinter sieht sie eine grundsätzliche Haltung: Die meisten zugewanderten Akademiker werden nicht als gefragte Arbeitskräfte gesehen, sondern pauschal als Flüchtlinge, Heiratsmigranten, Undokumentierte oder – im besten Fall – als Studenten einsortiert. Dabei müsse Migration als Chance begriffen werden. Ob ein Punktesystem daran etwas ändern könne, sei allerdings fraglich. 

Quelle: Waz, 04.03.15 – Zur Nachricht

 

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