Neue Chance am Beckenrand
Alles super“, sagt Rubén Barrio Arrea am diesem schwülwarmen Vormittag um 9 Uhr beim Betreten der Schwimmmeisterkabine im Winnender Wunnebad. Der 25-jährige Spanier aus der Partnerstadt Santo Domingo de la Calzada strahlt über das ganze Gesicht, zeigt eine Faust mit dem Daumen nach oben und geht ans Werk. Wie jeden Morgen überprüft er zunächst die Wasserqualität in allen acht Becken. Später putzt er dann eines der Schwimmbecken.
Rubén hat in seinem Heimatland vergeblich versucht, beruflich Fuß zu fassen. Er war arbeitslos. Zusammen mit fünf anderen jungen Erwachsenen ist er seit Ende Mai in Winnenden, auf Initiative der beiden Partnerstädte. Die Spanier sind zurzeit noch im Praktikum, im September soll die Ausbildung beginnen. Eine junge Frau will Krankenschwester werden, zwei junge Männer wollen Koch lernen, zwei Industriemechaniker. Rubén möchte Fachangestellter für Bäderbetrieb werden, Bademeister.
„Der Rubén ist ein guter Typ“
Rubén komme mit der Arbeit und mit den Kollegen gut zurecht, erzählt Emanuel Froese, 28 Jahre, der selbst von 2004 bis 2007 im Wunnebad seine Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetrieb gemacht hat. Rubén kann froh sein, dass er im Praktikum auf Emanuel Froese getroffen ist. Beide sind fast gleich alt, die Chemie stimmt ganz offenkundig. „Der Rubén ist ein guter Typ“, sagt Froese, der sich auch nach der Arbeit ein bisschen um den Gast aus Südwesteuropa kümmert. Wenn Rubén mal daheim anrufen will, dann nimmt Froese ihn mit zu sich nach Hause.
Alles ist indes (noch) nicht super. Die Sprache dürfte nach wie vor das größte Problem sein. Rubén spricht zwar besser Deutsch als noch vor ein paar Monaten, doch in der Berufsschule in Mannheim könnte er Probleme bekommen. Emanuel Froese bleibt trotzdem optimistisch. Er sagt, der Blockunterricht in Mannheim beginne erst im Dezember. Noch vier Monate Schonfrist also. Die Stadt habe geplant, einen zweiten Lehrling mit Rubén zusammen einzustellen. Dieser könne ihm beim Schulstart beistehen.
Die Temperatur messen und den PH-Wert bestimmen
Im Wunnebad geht der Praktikant jeden Morgen alle paar Minuten zu einem Becken, holt ein Becherchen voll Wasser und misst die Temperatur, den Chlorgehalt und den PH-Wert. An diesem Tag ist alles paletti. Sollten der PH-Wert mal nicht stimmen, dann greifen Rubén und sein Anleiter entweder mit Säure ein – bei einem zu hohen Wert – oder mit Lauge – wenn der Wert zu niedrig ist.
Die Handgriffe im Bad hat der Spanier schnell gelernt. Rubén sei clever, sagt Emanuel Froese, „das wird schon“, auch in der Schule. Im ersten Lehrjahr würden ohnehin zunächst alle Schüler auf den selben Stand gebracht. Und wenn Rubén am Wochenende von Mannheim heim komme, heim nach Winnenden, dann werde er sich schon um ihn kümmern, wenn’s sein muss, auch ein bisschen pauken. Sobald feststeht, dass Rubén bleiben darf und tatsächlich die Lehre antritt, dann, sagt Froese, würden sich die Kollegen im Wunnebad auch um andere Dinge kümmern, die noch geregelt werden sollten. Zum Beispiel um einen Vertrag mit einem Mobilfunkanbieter.
Rubén muss sich eine neue Wohnung suchen
Auch eine neue Wohnung wird sich Rubén suchen müssen. Das Appartement des Klinikums Schloss Winnenden, welches er zurzeit bewohnt, muss Ende August, wenn das Praktikum ausläuft, vermutlich geräumt werden.
Rubén und seine Kumpel aus Spanien treffen sich nach der Arbeit oft auf dem Sportplatz gleich neben dem Wunnebad zum Basketball spielen. Manchmal gehen sie zum Shoppen in die Fußgängerzone. Und kürzlich, beim großen Stadtfest, dem Citytreff, waren sie auch unterwegs. Rubén sagt: „Winnenden ist super.“
Quelle: Stuttgarte-Zeitung.de, 04.08.14 – Zur Nachricht