Flucht vor Arbeitslosigkeit: Südeuropäische Fachkräfte in Deutschland

Hundert Bewerber auf eine Stelle als Ingenieur – das lässt selbst Optimisten verzweifeln. Die Arbeitslosigkeit in Südeuropa ist hoch, besonders unter jungen Menschen. Viele wagen deshalb den Schritt nach Deutschland.

Am Anfang war Antonio Lopez-Cano Jimeno fürchterlich nervös. „Ich wollte meine Arbeit gut machen, wusste aber nicht, ob ich alles richtig verstanden habe“, erzählt der Spanier. Heute lacht der 35-Jährige über seine anfängliche Aufregung – selbst das Schwäbisch seiner Kollegen versteht er inzwischen ziemlich gut. Lopez arbeitet seit knapp drei Jahren beim Ventilatoren- und Antriebsspezialisten Ziehl-Abegg im baden-württembergischen Künzelsau. Wie viele andere Südeuropäer kam Lopez nach Deutschland, weil er in der Krise in seiner Heimat keinen Job fand.

In Deutschland hingegen sind Ingenieure wie Lopez heiß begehrt. Über ein Berufspraktikum im Rahmen seines Deutschkurses in Spanien lernten Lopez und sein jetziger Arbeitgeber sich kennen, es folgte das Jobangebot. Obwohl er unbedingt arbeiten wollte, fiel Lopez der Wechsel nach Deutschland nicht leicht. „Ich möchte bei meiner Familie leben, aber die ist in Spanien.“ Immerhin zog vor einem Jahr seine Partnerin nach. Für sie war der Schritt noch schwerer, denn einen Arbeitsplatz hat sie hier nicht: Die studierte Kindergärtnerin wartet noch immer auf die Anerkennung ihres Abschlusses.

Für Rainer Grill, den Pressesprecher von Ziehl-Abegg, ist das keine Bagatelle. „Man muss schauen, dass sich die Mitarbeiter hier rundum wohlfühlen, und nicht nur von neun bis fünf.“ Das Unternehmen mit knapp 3300 Mitarbeitern bemühe sich deshalb sehr, auch die Partner der Zugezogenen zu integrieren, mit Sprachkursen und Hilfe bei der Suche nach einem Arbeitsplatz.

Ziehl-Abegg setzt gezielt auch auf Fachkräfte aus dem Ausland, hat in den vergangenen Jahren mehrere Spanier, Portugiesen, Tschechen und Rumänen eingestellt. „Für uns gestaltet sich das als sehr, sehr gute Geschichte“, betont Grill. „Das Potenzial, das die Region bietet, ist erschöpft, und da muss man darüber hinausschauen.“ Die Integration der neuen Kollegen laufe „reibungslos, aber nicht anstrengungslos“ – Abteilungsleiter und Personalabteilung müssten flexibel, sensibel und kreativ immer wieder neue Lösungen finden.

Große Mühen hat auch das bayerische Handwerk auf sich genommen, um mit der gezielten Anwerbung südeuropäischer Fachkräfte dem Mangel an qualifizierten Mitarbeitern entgegenzuwirken. Vom Dolmetschen beim Vorstellungsgespräch via Internet bis hin zu Wohnungssuche und berufsbegleitender Qualifizierung reichte das „Willkommenspaket“. Die Bilanz fiel dennoch ernüchternd aus.

Die meisten Bewerber scheuten am Ende nämlich davor zurück, ihre Familie in der Heimat zurückzulassen, zumal sie sich in Deutschland eine ganz neue Existenz hätten aufbauen müssen. In Summe konnten nur rund 40 Fachkräfte an Betriebe im Freistaat vermittelt werden. „Das ist natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Dafür war dann der Aufwand letzten Endes zu groß, obwohl die Erfahrungen eigentlich gut waren“, resümiert Jens Christopher Ulrich vom bayerischen Handwerkstag. Das Modellprojekt wurde deshalb nach knapp zweieinhalb Jahren zum Jahresende 2014 eingestellt.

Insgesamt arbeiten nach den jüngsten Daten vom Oktober 532.000 Menschen aus Spanien, Portugal, Griechenland und Italien in Deutschland. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist das ein Plus von sieben Prozent. Bei den Spaniern fiel der Zuwachs mit 33.200 Menschen oder zwölf Prozent sogar noch deutlich stärker aus.

„Das sind qualifizierte Arbeitnehmer, die da kommen“, analysiert ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit. Er verweist darauf, dass die Arbeitslosigkeit unter den Mitbürgern südeuropäischer Herkunft bei weitem nicht so stark steige wie die Beschäftigung. Die meisten der Neuankömmlinge arbeiten im verarbeitenden Gewerbe, erst mit deutlichem Abstand folgen die Dienstleistungsberufe.

Viele Zuzügler wollen nach Erkenntnissen der Bundesagentur mehrere Jahre in Deutschland bleiben. Auch Antonio Lopez hat keinerlei Pläne, bald wieder zurückzugehen. „Ich bin sehr zufrieden.“ Einzig mit dem Winter kann er sich nicht so recht anfreunden. „Schneeschippen in der Kehrwoche gibt es in Spanien nicht“, beklagt er mit einem Augenzwinkern das frühe Aufstehen.

Der 35-Jährige hat sich in Künzelsau eingelebt. Nur ein einziger Grund fällt ihm ein, weswegen er eines Tages dann doch in die alte Heimat zurückkehren möchte. „Wenn meine Eltern sehr alt sind, will ich nicht mehr so weit weg sein.“

Quelle: Heise Online, 30.01.15 – Zur Nachricht

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