Erste spanische Azubis im Handwerk
Ein Mann aus Barcelona lernt jetzt bei Firma Gläschig. Für den 30-Jährigen ist es eine Riesen-Chance – und die erste feste Arbeitsstelle seines Lebens. In Spanien ist jeder zweite junge Mensch arbeitslos.
Er ist mehr als tausend Kilometer gereist für einen Ausbildungsplatz: Ein junger Mann aus Spanien hat im September seine Lehre in einem Villinger Handwerksbetrieb begonnen. Dafür hat er seine Heimat zwar verlassen müssen. Angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit in seinem Heimatland aber hat Pere Castellvell Fabres einen Volltreffer gelandet. Seit Anfang September wird er beim Traditionsbetrieb Gläschig zum Anlagenmechaniker ausgebildet.
„Die Qualifikation ist egal, es gibt in Spanien einfach keine Arbeit“, beschreibt der 30-Jährige die Situation in seiner Heimat. Mehr als jeder zweite junge Mensch ist dort arbeitslos. Pere Castellvell Fabres kommt aus Barcelona und hat in den vergangenen Jahren einen Hilfsjob nach dem anderen angenommen. Eine feste Stelle fand er nicht.
Im vergangenen Jahr dann las er in der Zeitung, dass Handwerksbetriebe in den Landkreisen Schwarzwald-Baar, Rottweil und Tuttlingen nach Nachwuchs suchen. Pere informierte sich und bekundete Interesse. Als einige Monate später der Rückruf kam, ob er noch teilnehmen wolle, sagte er: „Klar, keine Frage!“
Bei einem Auswahltag in Barcelona traf Pere Dirk Gläschig aus Villingen. „Mit dem Pere hat das schon beim ersten Treffen gut geklappt. Dann haben wir auch nach dem Auswahlverfahren zusammengefunden“, erinnert sich Gläschig an die ersten Begegnungen. Gemeinsam mit anderen Vertretern aus Deutschland übernahm der Geschäftsführer des Betriebs für Heizungs- und Sanitärtechnik sowie Blechnerei in Spanien die Auswahl der Bewerber für das Projekt Spanische Auszubildende für das Handwerk 2014.
„Es ist unglaublich schwierig, gute Azubis zu finden“, erklärt der Chef des mehr als 60 Jahre alten Familienunternehmens Gläschig mit 21 Angestellten. Der Beruf des Anlagenmechanikers sei technisch hoch anspruchsvoll, das Handwerk habe außerdem lange Zeit ein Imageproblem gehabt.
„In den vergangenen Jahren haben wir mal einen oder auch gar keinen gefunden“, berichtet er. In diesem Jahr hatte die Firma Glück. Mit Pere wurden noch vier weitere Lehrlinge eingestellt. „Wir wissen alle, dass wir auf einen riesigen Fachkräftemangel zusteuern. Ausbildung ist das einzige, womit man dagegen steuern kann“, weiß Gläschig.
Dass er jetzt einen spanischen Azubi hat, bedeute für ihn auch einen größeren Aufwand. Aber das Engagement lohne sich. „Wir sind glücklich. Peres Begeisterung für den Beruf überträgt sich auch auf die anderen Azubis“, freut sich Dirk Gläschig.
Wer Pere Castellvell Fabres erlebt, weiß, was Gläschig meint. Der junge Spanier strahlt vor Glück, schwärmt von seinem neuen Arbeitsplatz und zeigt sich unglaublich dankbar. Gläschig unterstützt ihn wo er kann: bei der Wohnungssuche etwa oder bei der Anmeldung auf dem Rathaus.
Anfang des Jahres noch sprach Pere Castellvell Fabres kein Wort Deutsch. In Kursen, die zum Projekt dazugehören, hat er seitdem Deutsch gepaukt. Mittlerweile kann er ganze Gespräche führen und arbeitet kontinuierlich daran, seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Das sei auch Grundvoraussetzung, sagt Gläschig: „Ohne Sprachkenntnisse geht es im Betrieb gar nicht – vor allem aus Sicherheitsaspekten, vom sozialen Aspekt mal abgesehen.“
In der Berufsschule muss Pere dem Unterricht folgen können. „Ich kann die Lehrer gut verstehen. Das ist super, ich bin sehr zufrieden“, freut sich Pere.
Spanische Auszubildende für das Handwerk 2014 heißt das Projekt, in dem spanische Bewerber für den Beruf Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik in Betriebe in der Region vermittelt wurden. Die Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg, die Agentur für Arbeit Rottweil und Villingen-Schwenningen, die Handwerkskammer Konstanz, die entsprechenden Kreishandwerkerschaften und Innungen der Kreise Schwarzwald-Baar, Rottweil und Tuttlingen sowie die zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit tragen das Projekt. Gefördert wird es durch das Programm Mobi-Pro-EU des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, den Schwarzwald-Baar-Kreis sowie die Sparkassen der Region.
Quelle: Südkurier – Zur Nachricht